Porträt

Lucius Hartmann, Gymnasiallehrer

Lucius Hartmann, 44 Jahre, verheiratet, 4 Kinder, arbeitet seit 1999 als Gymnasiallehrer für Griechisch, Mathematik, Latein und Anwendungen der Mathematik an der Kantonsschule Zürcher Oberland in Wetzikon. Er war von 2010 bis 2017 Präsident des Schweizerischen Altphilologenverbands und wird ab Sommer 2019 den Verein Schweizerischer Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer präsidieren.

(Mai 2019)

 

Welche Fächer haben Sie an welcher Universität studiert?

Ich habe an der Universität Zürich Griechische Sprach- und Literaturwissenschaft, Mathematik sowie Lateinische Sprach- und Literaturwissenschaft studiert und mit einer Arbeit zum Thema «Die grosse Rede des Timaios – ein Beispiel wahrer Rhetorik? » 2017 doktoriert.

Wann haben Sie sich für Altertumswissenschaften zu interessieren begonnen und gab es ein Schlüsselerlebnis, das Ihre Studienwahl massgeblich beeinflusst hat?

Bereits am Gymnasium habe ich mich für die Alten Sprachen interessiert und habe eine Matura im Typus A (mit Griechisch und Latein) abgelegt. Da ich in diesen Fächern (neben Mathematik) sehr gut war, habe ich mich für ein Studium aller drei Fächer entschieden.

Hatten Sie vor dem Studium ein bestimmtes Berufsbild im Kopf, gab es für Sie Vorbilder?

Da ich bereits am Gymnasium viele Erfahrungen in Nachhilfeunterricht sammeln konnte, war es für mich klar, dass ich mich zum Gymnasiallehrer ausbilden lasse. Gleichzeitig fand ich die Möglichkeit, meine wissenschaftlichen Kenntnisse mit einer Dissertation zu vertiefen und zu erweitern, sehr attraktiv.

Wie haben Sie das Studium erlebt, was hat Ihnen besonders Spass gemacht, was hat Ihnen eher Mühe bereitet?

Das Studium war sehr interessant und abwechslungsreich. Zudem war die Gruppe der Studierenden überschaubar, so dass man rasch Anschluss fand und schon früh auch mit älteren Studierenden, die kurz vor dem Studienabschluss standen, in Kontakt kam. Ziemlich anspruchsvoll, aber doch gut zu bewältigen war der Studieneinstieg, insbesondere dadurch, dass man auch Texte ins Griechische oder Lateinische übersetzen musste.

Aus welchen Gründen würden Sie einer Maturandin, einem Maturanden raten, ein altertumswissenschaftliches Studienfach zu wählen?

Das Studium ermöglicht es, sich mit der enormen Vielfalt der Antike auseinanderzusetzen und rasch auch eigene Schwerpunkte zu setzen. Die gleichsam familiäre Stimmung und die gute Betreuung erleichtern den Studieneinstieg sehr und sorgen für einen raschen und bereichernden Austausch. Allerdings sollte man im heutigen Umfeld unbedingt noch ein zweites Studienfach wählen, welches die Chancen auf dem Stellenmarkt erhöht.

Erzählen Sie uns bitte kurz Ihren beruflichen Werdegang nach dem Studium.

Bereits während des Studiums konnte ich durch kurze Stellvertretungen erste Erfahrungen als Gymnasiallehrer sammeln. Nach Abschluss des Höheren Lehramts für Mittelschulen fand ich (natürlich begünstigt durch meine Fächerkombination) rasch eine Anstellung an dem Gymnasium, an welchem ich heute noch unterrichte. Daneben ermöglichte mir die Universität Zürich zunächst durch eine Stelle als Assistent und dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter ein Doktorat und eine Weiterführung meiner wissenschaftlichen Tätigkeit.

Beschreiben Sie uns bitte kurz Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit, welche Aspekte Sie besonders schätzen und welche weniger.

Das Unterrichten am Gymnasium ist abwechslungsreich. Durch die Lehrfreiheit im Rahmen des Lehrplans kann ich individuell Schwerpunkte setzen und Themen, die mich persönlich (und natürlich auch die Schülerinnen und Schüler) interessieren, behandeln und vertiefen. Es ist immer sehr befriedigend zu sehen, was die Maturandinnen und Maturanden an ihrer Abschlussprüfung alles beherrschen. Dass die Alten Sprachen allerdings in den vergangenen Jahren immer mehr an Stellenwert verloren haben und man stets um ihren Erhalt kämpfen muss, ist bisweilen schon etwas zermürbend.

Welchen Nutzen hat Ihnen das Studium für Ihre aktuelle Tätigkeit gebracht?

In den Alten Sprachen kann ich die Erkenntnisse aus dem Studium (mit der notwendigen didaktischen Reduktion) eigentlich täglich einsetzen, sei es im Sprach- oder im Literaturunterricht. Im Hinblick auf die Maturitätsprüfungen, bei denen die Schülerinnen und Schüler an meiner Schule ziemlich frei einen Prüfungsautor wählen können, habe ich immer wieder die Möglichkeit, von mir schon lange nicht mehr (oder noch gar nie) gelesene Autoren vorzubereiten. Dies steht in einem ziemlich markanten Gegensatz zur Mathematik, wo viele Themen des Hochschulstudiums am Gymnasium nur am Rand vorkommen.

Welche Kenntnisse und Fähigkeiten, die für Ihr aktuelles Berufsleben wesentlich sind, haben Sie ausserhalb des Studienkontextes erworben?

Den Umgang mit Schülerinnen und Schülern sowie die Organisation der Arbeit.

Im Rückblick, was erachten Sie als wichtige Voraussetzungen für ein Studium der Altertumswissenschaften? Und welche Ergebnisse haben sich nach Abschluss des Studiums für Sie als relevant erwiesen?

Sinnvoll ist ein gutes Fundament an sprachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse von Texten verschiedener Literaturgattungen und Epochen. Für den Studieneinstieg zentral ist ein grosses Interesse am Fachgebiet und die Motivation, sich intensiv mit der Sprache und den Texten auseinandersetzen.

War es nach dem Studium leicht, eine Stelle zu finden?

Ja, dank meiner Fächerkombination und weil damals noch mehr Lehrpersonen für Alte Sprachen gesucht wurden als heute.

Lucius Hartmann, Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Zürcher Oberland in Wetzikon