Porträt

Josy Luginbühl, wissenschaftliche Assistentin an der Universität

Josy Luginbühl (* 1987) hat Archäologie des Mittelmeerraumes, Archäologie der Römischen Provinzen und Kunstgeschichte studiert und mit einem Doktorat abgeschlossen. Sie arbeitet seit 2013 als Assistentin am Institut für Archäologische Wissenschaften an der Universität Bern. Dabei ist sie Kuratorin der Antikensammlung und in der Lehre tätig, sowie ab 2022 als Redaktorin der Open Access Zeitschrift HASBonline. Ausserdem ist sie Teil des Vermittlungs- und des Sammlungsteams im Museum Schloss Spiez. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Leben römischer Frauen.

(Februar 2022)

 

Josy Luginbühl

Welche Fächer haben Sie an welcher Universität studiert?

Ich habe an der Universität Bern Archäologie des Mittelmeerraumes und Archäologie der Römischen Provinzen im Hauptfach sowie Kunstgeschichte im Nebenfach studiert.

Wann haben Sie sich für Altertumswissenschaften zu interessieren begonnen und gab es ein Schlüsselerlebnis, das Ihre Studienwahl massgeblich beeinflusst hat?

Archäologie und Geschichte haben mich bereits als Kind interessiert. In der Schule fand ich die Steinzeit, die Römer, aber auch die Indianer besonders spannend. Was haben die Leute für Kleidung getragen, was haben sie gegessen, wie haben sie gelebt? Mich faszinierten vor allem Fragen zum Alltag der Menschen, weniger die grossen politischen und kriegerischen Ereignisse. Wir haben mit der Familie auch Museen und Ausgrabungsstätten besucht, mit wechselnder Begeisterung der Jungmannschaft. Bei der Berufswahl habe ich zunächst gar nicht in diese Richtung gedacht, doch bei der Studienfachberatung im Gymnasium trat das frühere Interesse wieder in den Vordergrund.

Hatten Sie vor dem Studium ein bestimmtes Berufsbild im Kopf, gab es für Sie Vorbilder?

Eigentlich nicht. Ausschlaggebend war das Interesse an der Vergangenheit.

Wie haben Sie das Studium erlebt, was hat Ihnen besonders Spass gemacht, was hat Ihnen eher Mühe bereitet?

Das Studium habe ich familiär und positiv erlebt. Das kleine Institut, die vielen gemeinsamen Aktivitäten wie Exkursionen und Veranstaltungen haben gute Kontakte auch zu älteren Studierenden und den Dozierenden erlaubt. Wir konnten unser Studium recht frei zusammenstellen, so dass wir zum Schluss mehr Veranstaltungen besucht haben als nötig. Dieser breite Blick wird mit der zunehmenden Verschulung des Studiengangs schwieriger.
Die Archäologie erfordert eine hohe Mobilität, was zwar spannend, aber für mich manchmal auch herausfordernd war.

Erzählen Sie uns bitte kurz Ihren beruflichen Werdegang nach dem Studium.

Während des Studiums habe ich als Tutorin und Hilfsassistentin mit verschiedenen Aufgabengebieten an der Uni gearbeitet und daneben auch ehrenamtlich bei zahlreichen Aktivitäten des Instituts mitgeholfen, beispielsweise im OK der jährlich stattfindenden Museumsnacht, an der die Antikensammlung jeweils auch teilnimmt. Nach meinem Masterabschluss konnte ich direkt die drittmittelfinanzierte Stelle als Assistentin der Antikensammlung (Inventarisierungsprojekt) übernehmen, welche später in eine reguläre Assistenz umgewandelt wurde. Daneben habe ich meine Doktorarbeit geschrieben, einen Forschungsaufenthalt in Rom gemacht und verschiedene Weiterbildungen (an der Universität und beim ICOM/VMS) besucht. So kam ich auch zu interessanten Kontakten in der Museumswelt und zu kleineren Projekten.

Beschreiben Sie uns bitte kurz Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit, welche Aspekte Sie besonders schätzen und welche weniger.

Ich arbeite als Assistentin am Institut für Archäologie des Mittelmeerraumes an der Universität Bern. Meine zwei Hauptschwerpunkte sind die Lehre und die Betreuung der Antikensammlung. Ausserdem bin ich im Museum Schloss Spiez tätig, als Teil des Vermittlungsteams, in der Sammlung und im Archiv.

Die Vermittlung von Wissen und das Begeistern für die Vergangenheit spielen in meiner Tätigkeit eine grosse Rolle. An der Uni lernen die Studierenden wichtige Denkmäler, Methoden und Herangehensweisen kennen. Im Museum wird durch Führungen, Workshops und Ausstellungen das Fachwissen einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.

Ein weiterer Aspekt meiner Arbeit, der teilweise auch in der Freizeit stattfindet, ist die Forschung. Sich in ein Thema einarbeiten, eigene Erkenntnisse generieren und diese im Austausch mit anderen Forschenden verfeinern, ist sehr bereichernd. Durch Kongresse und persönliche Kontakte entsteht ein spannendes internationales Netzwerk.

Welchen Nutzen hat Ihnen das Studium für Ihre aktuelle Tätigkeit gebracht?

Ohne mein Studium könnte ich die aktuelle Stelle an der Universität nicht ausüben. Ein Studium und das dabei erworbene Fachwissen, die theoretischen und praktischen Grundlagen, sind Voraussetzung für eine wissenschaftliche Assistenz. Kenntnisse im Objekthandling, das vergleichende und einordnende Denken, das Herausfiltern von relevanten Informationen und die verständliche Vermittlung davon sind Fähigkeiten aus dem Studium, die darüber hinaus allgemein wichtig für die Arbeit in einem Museum sind.

Welche Kenntnisse und Fähigkeiten, die für Ihr aktuelles Berufsleben wesentlich sind, haben Sie ausserhalb des Studienkontextes erworben?

Bereits während des Studiums und des Doktorats habe ich verschiedene Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung, (Hochschul-)Didaktik und zur Museumsarbeit besucht. Einige dieser Kurse wurden auch von der Uni (Fakultät, Vizerektorat Entwicklung etc.) angeboten; es lohnt sich sehr, das Angebot immer mal wieder zu studieren und Kurse entsprechend den eigenen Interessen zu belegen.

Im Rückblick, was erachten Sie als wichtige Voraussetzungen für ein Studium der Altertumswissenschaften? Und welche Ergebnisse haben sich nach Abschluss des Studiums für Sie als relevant erwiesen?

Ein breites Interesse und eine grosse Begeisterungsfähigkeit sind wichtig für ein Studium eines eher kleinen Faches mit begrenzten Stellenaussichten. Auch die Bereitschaft, sich selber Themen zu erarbeiten, und das Studium aktiv zu gestalten, sind Voraussetzung. Es werden immer wieder Möglichkeiten für Ausgrabungen, Exkursionen und Praktika angeboten, die man wahrnehmen sollte. Daneben sollte man auch weitere Interessen nicht aus den Augen verlieren. Sie können dabei helfen, eine eigene Job-Nische zu finden, sei das im Museumswesen, in der computergestützten Datenanalyse oder auf der Ausgrabung.

War es nach dem Studium leicht, eine Stelle zu finden?

Bei mir hat es sich gut ergeben. Dazu gehört auch eine Portion Glück. Aufgrund der Befristungen der Stellen an der Uni bleibt aber eine gewisse Unsicherheit.

Josy Luginbühl, Assistentin am Institut für Archäologische Wissenschaften an der Universität Bern.
Das Foto wurde aufgenommen im Rahmen der Veranstaltung «Rendez-vous. Forschende im Gespräch»  (Fotograf: Simon Kurt. Digitale Massarbeit).